Interessant, worüber Autoren sich unterhalten, wenn es um ihre Arbeit geht. Seit einigen Monaten bin ich ja nun Mitglied im Tintenzirkel-Autorenforum (siehe Link rechts), das speziell Fantasyautoren eine Heimat bietet. Konfus, wenn man bedenkt, daß ich gerade ausgiebig Thriller schreibe.
Gestern tauchte der Hinweis auf den Bechdel-Test auf, der sich damit befaßt, wie Frauenfiguren in Film und Buch dargestellt werden. Man darf eigentlich gar nicht drüber nachdenken, denn da wird einem echt schlecht – normalerweise sind Frauen hübsches Beiwerk, in der Unterzahl und spielen auch keine tragende Rolle. Oft wird ihnen maximal zugestanden, sich über Männer zu unterhalten.
Zum ersten Mal über diese Thematik nachgedacht habe ich, als ich in der zwölften Klasse war – mein Pädagogik-LK ist schuld. Und bevor jetzt irgendwer davon anfängt, daß das ja typisch ist und Päda sowieso nur ein Hausfrauen-Fach ist, kann ich entgegnen, daß es mit das sinnvollste Fach an der Schule war, das ich überhaupt je hatte.
Man lernt etwas über sich, die Psyche, die Menschen, alles Mögliche. Vor allem hatte ich eine Lehrerin, die Unterricht auf Uni-Niveau gemacht hat, von dem ich mein ganzes Soziologiestudium lang profitiert habe. (An dieser Stelle herzliche Grüße an Frau Kemper!)
Kurz darauf habe ich angefangen, den „Kristall der Könige“ ins Leben zu rufen. Eine der ersten Fragen, die ich mir gestellt habe, war: Wer wird der Protagonist sein?
Es war ausgeschlossen, daß es nur ein Mann sein wird, so wie an vielen anderen Stellen. Aber ich habe mich damals auch nicht getraut, das Gegenteil zu nehmen und nur eine Frau zu nehmen. Es wurde dann ein Kompromiß. Kayla, Agarin und das Rudel Jungs, das sie umgab, aber Kayla hatte eine tragende Rolle.
Das hat sich auch später nicht geändert. Im Unsterblichen-Epos habe ich gleich zwei tolle Mädels, Arinaya und Lelaina.
In „Himmelsfeuer“ darf es dann die Powerfrau schlechthin sein: Caelidh, ihres Zeichens Kriegerin.
Man muß halt aufpassen, daß man nicht gleich zur Feministin mutiert und die kolbenschwingende Amazone erfindet.
In meinem Kopf war das jedenfalls immer Thema. Ich bin überrascht, daß viele meiner schreibenden Kollegen entweder noch nie darüber nachgedacht haben oder den Test selbst gar nicht erfüllen – auch und gerade als Frau. Autsch!
Eine andere schöne Diskussion im Forum wird zur Zeit über immer wiederkehrende Muster in den eigenen Geschichten geführt. Was mir spontan eingefallen ist: Es gibt immer einen Spaßvogel in meinen Geschichten.
In der Kristall-Trilogie ist es Gordian:
Ihm erschien das alles so unecht, er war doch nur ein Wirtssohn aus Lagon, einer kleinen Stadt in Rimonas, der nichts weiter beherrschte als das Kochen, das Einstreuen sinnloser Kommentare und das wilde Herumfuchteln mit einer Stichwaffe.
Im Unsterblichen-Epos ist es Nilas:
„Du bist doch sonst nicht so schwer von Begriff“, grinste Marthian.
„Entschuldige mal, ich habe einen ausgewachsenen Kater!“ lamentierte Nilas. „Das überfordert mich jetzt ein wenig.“
In „Himmelsfeuer“ übernimmt erstmals ein Protagonist selbst die Rolle des Kaspers – Gileond:
„Du solltest auf die Mädchen aufpassen und dich nicht verlieben… unfaßbar!“ lachte Arundias.
„Tut mir ja auch leid“, spöttelte Gileond. „Ist einfach passiert.“
Und den guten Jack habe ich ja schon oft genug zitiert. Mein Lieblingsfettnapf ist der, wo er spontan vergißt, daß Andrea Deutsche ist und seinem Bruder auf deutsch unverschämte Fragen stellt.
„Und, hast du sie schon flachgelegt?“ war das Erste, was er zu seinem Bruder sagte. Während Gregory die Augen verdrehte und leicht mit dem Kopf gegen die Tür schlug, bekam ich einen Lachanfall.
Muster Nummer 2: Es wird gelegentlich jemand entführt. Das passiert so ziemlich immer und überall in meinen Geschichten und ich bin es immer noch nicht leid, die Dramatik dieser Situationen gewissenhaft auszuschlachten.
Beispiel aus „Himmelsfeuer“ – Iaroth spricht mit Caelidh:
Seine Finger gruben sich in sein Hemd. „Sie haben Fianna mitgenommen.“
Es war wie ein Faustschlag in den Magen. Schlagartig wurde mir übel und eiskalt, mein Herz begann zu rasen, meine Finger zitterten.
So läßt sich das ewig weiterführen… ich liebe es!
Muster Nummer 3: Gewalt. Ich muß noch mal tiefenpsychologische Nachforschungen anstellen, warum das wohl so ist, aber …
– in der Kristalltrilogie wird Kaylas Schwester vergewaltigt und ermordet, was sie völlig traumatisiert.
– im Unsterblichen-Epos machen beide Mädels ähnliche Erfahrungen, was in einem Fall in einem völligen Rachemassaker endet:
Marthian stand neben den beiden, schwer atmend und an Armen und Oberkörper voller dunkler Blutflecken. Von seinem vandhrischen Schwert tropfte das Blut in zähen Fäden.
Geschockt sah Lelaina ihn an. „Was hast du gemacht?“ wisperte sie tonlos.
Marthian ließ sein blutiges Schwert in die Scheide zurückgleiten. „Ich habe ihn entmannt und ihm vorher die Zunge herausgeschnitten, damit er nicht den halben Berg zusammenschreit. Weil er einfach nicht sterben wollte, habe ich ihm die Kehle durchgeschnitten.“
– in „Himmelsfeuer“ entführen die Soldaten Fianna zu einem einzigen Zweck:
„Sie packten Fianna zu zweit und zerrten sie hinaus. Einer sagte, daß sie dem König sicher sehr gefallen würde. Sie wollten sie, weil sie so hübsch ist… sie wollten sie haben. Meine Frau… sie ist doch meine Frau!“ Zuletzt brüllte er fast.
In „Am Abgrund seiner Seele“ gipfelt das Ganze darin, daß Andrea es mit einem Serienmörder zu tun kriegt.
„Man sollte mit dir dasselbe machen, was du diesen Frauen antust!“ brüllte Greg haßerfüllt ins Telefon.
„Ich werde sie dir wegnehmen, schon sehr bald.“ Es klickte, dann war es still in der Leitung.
Ich krieg schon wieder eine 5 Kilometer dicke Gänsehaut, wenn ich nur dran denke. Eine Erklärung für das Phänomen habe ich allerdings auch noch nicht gefunden.