Manchmal muß ich mich doch sehr wundern. Nachdem ich nun wochenlang die „Knights of Truth“ durchgekaut habe und mir immer noch nicht sicher bin, ob ich nun zufrieden bin oder nicht, habe ich nun innerhalb von drei Tagen „Eine ehrenwerte Familie“ durchgesehen. Am Freitag habe ich schon einiges geändert und überarbeitet; das war am Anfang der Geschichte.
Danach gab es dann nichts mehr zu tun.
Versteh sich doch einer selbst. Warum bereiten mir die Knights ein solches Kopfzerbrechen und warum hat mir der Nachfolger jetzt auf Anhieb gefallen? Es stehen allein zwei Verbesserungsideen auf meinem Zettel: Es braucht irgendeine Nebenhandlung für Greg und die bereits existierende mit Rachels Stalker in Norwich könnte noch ausgebaut werden.
Das ist alles. Die Geschichte ist ziemlich kurz geraten und deshalb sollte ich noch Ergänzungen vornehmen, aber ansonsten war ich richtig angetan. Sprachlich gut, dramaturgisch gut, spannend, informativ. Sehr viel werde ich daran nicht mehr tun, schätze ich.
Ich konnte mich sogar selbst überraschen. Es gibt da eine Szene mit Andrea und Greg, die mitten in der Nacht spielt und mich, was Greg angeht, restlos begeistert hat.
Auf dem Tisch vor uns stand ein noch nicht ganz leeres Whiskyglas.
„Was würde ich jetzt für eine Zigarette geben“, sagte er leise.
Irritiert sah ich ihn an. „Du nimmst mich auf den Arm.“
„Ich habe früher mit Jack geraucht. Heimlich, ein paar Mal. Das muß fünfzehn Jahre her sein. Und jetzt stehe ich hier und träume von einer Zigarette.“
„Den Alkohol hast du dir ja schon geholt.“
Er starrte auf den Boden, wirkte nachdenklich. „Der hilft nur nicht.“
Gute Erkenntnis. Alkohol hilft nie. Aber ich war vorhin selbst völlig von den Socken, als Greg meinte, er würde eine Zigarette haben wollen. Irgendwie begeistert mich die Szene – auch, wie sie weitergeht:
„Du bist nicht bei der Polizei! Das wird mir alles zuviel. Ich mußte schon einmal fürchten, dich zu verlieren. Ich dachte damals, wir fischen dich in einem unaussprechlichen Zustand aus dem Sumpf.“
„Er hätte mich nicht umgebracht.“
„Ja, sagst du. Hast du auch mal über die Konsequenzen nachgedacht?“
„Natürlich“, sagte ich unwirsch. „Ich hatte genug Zeit dazu.“
Er starrte mich an. „Nach dem, was du damals erlebt hast, ist es mir ein Rätsel, daß du Fallanalytikerin geworden bist. Für mich ist das zuviel.“
Das saß wie ein Schlag in den Magen. Ich schluckte hart. „Ich dachte, du verstehst das.“
„Ich akzeptiere es. Trotzdem war das heute zuviel. Ich hatte wieder dieselbe Angst, dich zu verlieren. Das kann ich nicht.“
Harter Tobak. Andrea merkt in dem Moment, daß sie Greg gar nicht so gut kennt, wie sie eigentlich dachte. Da muß ich ran, das muß ich ausbauen. Ist jedenfalls mein spontaner Gedanke dazu.
Ich habe immerhin auch vor, die beiden in der nächsten Geschichte einer richtigen Zerreißprobe zu unterwerfen. Nicht, weil ich das möchte, aber weil sie nach Norwich zurückkehren und Andrea in einem Rapist-Nachahmer-Fall ermitteln soll. Das riecht nach Ärger …