Ein paar Gedanken zu meinen Fantasyarbeiten

Seit ein wenig Zeit verstrichen ist und ich bewußt von unterschiedlichen Dingen erzählt habe, ist mir erst klar geworden, was ich schreibe – und warum. Daß es viele Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten in meinen Geschichten gibt. Vor allem möchte ich festhalten: Gewisse Dinge habe ich bewußt so gewählt.

Kristall-Trilogie

Die Kristall-Trilogie erzählt vor allem eins: eine große Liebesgeschichte. Hätte man mich kurz nach Erscheinen des ersten Buches darauf angesprochen, hätte ich das vehement abgestritten und betont, daß es das gerade nicht sein sollte, denn man will ja die männliche Leserschaft nicht vergraulen. Zwar passiert das auch mit Liebesgeschichte nicht, aber die Geschichte von Agarin und Kayla ist die kompromißloseste Lovestory, die meiner Feder entsprungen ist. Den absoluten Höhepunkt findet sie im letzten Teil der Trilogie, mit dem ich gerade deshalb lange nicht im Reinen war und den ich eigentlich von Grund auf neuschreiben wollte, hätten mir nicht Zeit und Motivation gefehlt und vor allem – andere Ideen. Denn letztlich wäre es darauf doch wieder hinausgelaufen. Irgendwie will diese Geschichte einfach erzählt werden…
Die Kristall-Trilogie ist auch gleichzeitig diejenige, die sich am stärksten an genreüblichen Motiven orientiert. Der gebrochene Held, die große Quest, die klassischen Werte wie Freundschaft und Tapferkeit, sie alle finden sich dort. Sie ist stellenweise unglaublich witzig, erzählt ein spannendes Abenteuer und verzichtet dabei weitgehend auf die typischen magischen Elemente, die man in Fantasy oft findet. Auch das ändert sich erst im dritten Teil.
Was das Handwerkszeug angeht, habe ich mich nicht von den klassischen Perspektiven einschränken lassen, sondern verlasse immer wieder den allwissenden Erzähler, um in eine rein personale Perspektive zu wechseln. Warum? Weil beides unterschiedlichen Zielen dient. Soviel Freiheit muß sein.

Unsterblichen-Epos

Magie! Worauf ich in der Kristall-Trilogie keine Lust hatte, ist zentrales Element des Unsterblichen-Epos, ursprünglich als Trilogie angelegt. Spannend fand ich vor allem den Gedanken, daß der Held einmal nicht die zentrale Figur ist. In der Kristall-Trilogie ist das anders – Agarin ist der Held, Agarin steht im Mittelpunkt. Nicht so jedoch hier. Ich treibe das sogar soweit, daß sich in jedem Roman ein Wechsel der zentralen Figuren vollzieht. Steht am Anfang noch Arinaya im Mittelpunkt, ist es bald Lelaina und zuguterletzt Marthian, bis sich der Kreis wieder schließt. Mir fällt bislang kein Roman ein, der ähnlich vorgehen würde, denn üblicherweise beschränkt sich die Wahl der zentralen Figur auf den Helden. Langweilig! Ich liebe meine Charaktere und den Wechsel, den sie durchmachen, und das will ich würdigen.
Natürlich geht es im Unsterblichen-Epos auch um Liebe und Freundschaft – teilweise so kompromißlos, daß es auch für mich überraschend kam. Das Opfer, das Marthian im zweiten Teil für seine Frau bringt, hat den dritten überhaupt erst ermöglicht – der einzige aller Romane, den ich nicht als High Fantasy, sondern als Dark Fantasy klassifiziere. Aber trotzdem ist hier nicht die Liebe das zentrale Element, sondern die Magie. Einzig der vierte Teil weicht davon etwas ab.
Was das Unsterblichen-Epos in jedem Fall ist: weniger zimperlich. Man kann seinen Helden ja nicht immer nur drohen und dann geht doch alles gut!

Himmelsfeuer

Und schon wieder wollte ich von etwas weg, was zuvor kennzeichnend war. Diesmal hat es die wunderbare Naivität getroffen, die einem in Fantasyromanen immer wieder begegnet: Es gibt zwar Schwierigkeiten, aber der Held meistert sie alle bravourös. Scheitern ist nicht vorgesehen.
Himmelsfeuer soll anders sein: keine nennenswerte Magie, kein fröhlicher Abenteuergeist („wir sind zu einer besonderen Aufgabe auserkoren!“), sondern der Wunsch, historische Fantasy zu erzählen. Diesmal gibt es keine merkwürdigen Kreaturen und außergewöhnliche Orte, sondern im Zentrum steht meine Heldin Caelidh, die wenig mit ihren Zeitgenossen gemein hat und jeden Tag aufs Neue darum kämpft, ihre Freiheit in einer Welt zu erhalten, die ihr keine Freiheit zugestehen will. Sie ist eine streitbare Heldin, bei der ich mich bewußt dazu entschieden habe, sie nicht immer nur sympathisch und bewundernswert erscheinen zu lassen, sondern gern auch schwierig und eigensinnig. Sehr deutlich wird das vor allem deshalb, weil ich diesmal aus der Ich-Perspektive erzähle. Konnte ich mich bislang nie für einen weiblichen oder männlichen Helden entscheiden, weil ich einerseits Feminismus und andererseits Klischees befürchtete, fiel in Sachen Ich-Perspektive die Wahl ganz klar auf eine Frau, denn noch kann ich in keinen männlichen Kopf schauen! Aber auch hier bleibt die Perspektive nicht konstant, denn der Prolog wird aus personaler Perspektive erzählt.
Vermutlich auch bedingt durch meinen Studienwechsel ist diese Geschichte psychologischer als die anderen und ich denke, sie ist auch realitätsnaher, sofern man das von Fantasy behaupten kann. Ich wollte sie knallhart und mit Ecken und Kanten, denn wo ist die Welt schon heile…

und was haben sie gemeinsam?

Da gibt es vor allem eins: starke Frauen. In keiner meiner historisch angelegten Fantasywelten haben Frauen es leicht und eigentlich sind sie nicht diejenigen, die sich auf eine gefährliche Reise begeben, auf der auch gekämpft werden muß. Aber es wäre zu einfach und zu langweilig, sie deshalb an den Rand zu stellen und zuschauen zu lassen. Deshalb ist Kayla ein traumatisiertes Mädchen, das den Umgang mit dem Schwert lernt, um sich selbst zu schützen und deshalb fähig ist, das Abenteuer zu bestehen. Arinaya hingegen ist eine gewöhnliche junge Frau, die sich erst zeigen lassen muß, wie man sich selbst verteidigt und im Gegensatz zu Kayla erreicht sie darin auch keine Perfektion.
Nur Caelidh hat als ausgebildete Kriegerin keinen besonderen persönlichen Hintergrund, der sie an Waffen heranführt, sie lernt es in ihrer Ausbildung – und trotzdem ist sie als Frau mit einem Schwert nicht alltäglich in ihrer Welt, wobei das bei ihr noch am mildesten ausgeprägt ist. Das wollte ich auch, denn es nervt mich, daß den Heldinnen ein Sonderstatus zuerkannt wird, der sich aus den Hintergründen ihrer Welt ergibt.
Der sorgt aber auch für genügend Gesellschaftskritik in allen drei Welten. Allen Heldinnen ergeht es so, daß man ihnen bloß aufgrund ihres Geschlechts weniger zutraut und sie alle müssen auf die eine oder andere Weise erfahren, daß diese Geringschätzung nicht bei Worten bleibt. Ein Thema, das meines Erachtens nach aktueller ist, als man meistens denkt.

Allein Geschichten gemeinsam sind auch starke, wandlungsfähige Charaktere. Ich bin grundsätzlich kein besonderer Freund von Beschreibungen à la Tolkien, der auch dem letzten Grashalm in Mittelerde einen Namen gibt, und obwohl auch ich natürlich beschreibe, lege ich meinen Schwerpunkt auf die Handlung und die Psychologie der Charaktere. Sie sollen unverwechselbar und interessant sein, denn es gibt schon genug Figuren, die in eine unbekannte Situation geraten und wie selbstverständlich daran wachsen. So selbstverständlich ist das gar nicht!
Das meiner Meinung nach stärkste Figurengespann findet sich in der Kristall-Trilogie, weil sie den stärksten Verbund darstellen. Im Unsterblichen-Epos sind es mehr die einzelnen Charaktere, die wechselnd im Vordergrund stehen, und in Himmelsfeuer habe ich mich an ein Thema gewagt, das mir eigentlich fremd ist: Geschwisterliebe. Caelidh kämpft wie eine Löwin für ihre kleine Schwester und das macht sie für mich so sympathisch.

Ich schreibe grundsätzlich eher handlungslastig und verstehe mich nicht besonders auf öde Passagen, in denen die Helden von A nach B reisen oder wo sie mal so etwas wie Alltag erleben. Meine Stärke liegt in psychologisch ausgefeilten Szenen; Ereignissen, die den Charakter prägen und ändern und nicht folgenlos für ihn und andere bleiben. Dem Feind ins Auge zu schauen und seine eigene Angst zu besiegen, das erscheint mir reizvoll. Meine Charaktere müssen verschiedene Prüfungen bestehen und ich gebe unverhohlen zu, auch mir als Autor sind spannende Szenen am liebsten. Ich fiebere beim Schreiben genauso mit und finde es seltsam genug, daß gerade ich manchmal die Handlung meiner eigenen Geschichten erlebe, als würden sie ein Eigenleben entwickeln. Genauso ist es auch mit den Charakteren: Sie werden erst greifbar für mich, wenn ich mir ein Bild von ihnen gemacht und sie gezeichnet habe. Umso schwieriger ist es auch, sich von ihnen zu verabschieden, wenn alles erzählt ist. Jede einzelne Figur ist mir sehr ans Herz gewachsen – manche sogar stärker, als ich dachte.

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