Dringend gesucht: Mut!

Die Tage habe ich noch irgendwo gelesen, zum Veröffentlichtwerden gehört nicht nur Talent, sondern auch eine Menge Glück.
Selten war eine Aussage so wahr. Vielleicht gehören auch noch tausend andere Unwägbarkeiten dazu, ich kann es nicht benennen. Aber ich kann davon berichten, wie es mir mit meinem Vorhaben, veröffentlicht zu werden, bislang ergangen ist.

Im Jahre 2010 habe ich mich das erste Mal auf die Suche nach einer Literaturagentur begeben, denn so ziemlich jeder große, veröffentlichte Autor hat eine – entweder, um an die großen Verlage ranzukommen und/oder um sich von den Agenturen bei den Veröffentlichungen begleiten zu lassen und eine bessere Verhandlungsposition einzunehmen. Kurzum: Sich eine Agentur zu suchen, wird allgemein empfohlen.

Ende 2010 hatte ich dann auch schon einen Vertrag in der Tasche und das Manuskript schwirrte durch die Lande – und dann kam das große Pech. Meine Agentin wurde ernsthaft krank. Da ich sie aber persönlich mochte, habe ich Geduld bewiesen bis Mitte 2012. Als klar war, da kommt nichts mehr, haben wir in gemeinsamem Einvernehmen den Vertrag aufgelöst. Deshalb kann ich auch nichts dazu sagen, wie es mit ihr unter normalen Umständen hätte laufen können, denn die Umstände waren nicht normal. Dafür war meine Geduld aber ziemlich beachtlich.

Das mußte sie auch weiterhin sein, denn dann habe ich mich auf die Suche nach einer neuen Agentur gemacht. Monatelanges Klinkenputzen war angesagt. Immerhin hat die Hälfte der Agenturen das gesamte Manuskript angefordert und nach zähem Ringen und Warten kam dann mehr als ein halbes Jahr später (Frühjahr 2013) die Zusage. Man sieht deutlich, lange Zeiträume sind nichts in dieser Branche.

Man sieht auch: Der Text kann was. Es hat schon mehrmals Interesse geweckt, bei Absagen jedes Mal Begründungen erhalten und bei den Lesern kam er bis heute immer uneingeschränkt gut an. Das ist mir so noch nie vorher passiert, aber wenigstens die Leser waren sich immer einig: Super. Mehr davon.

Die Gründe für die Absagen waren höchst unterschiedlich und auch mal mehr und mal weniger nachvollziehbar – für mich. Die Kunst ist, herauszufiltern, was einem hilft und was nicht. Manche Ratschläge helfen auch schlichtweg überhaupt nicht. Wie zum Beispiel soll sich meine Heldin in ihren späteren Mann verlieben und gleichzeitig noch fürchten, daß ausgerechnet er der Vergewaltiger ist, der an der Uni sein Unwesen treibt? Das kam mal als ernstgemeinter Vorschlag, aber psychologisch macht das einfach keinen Sinn. Zumindest war ich nicht fähig, das so hinzuschreiben.

Im Jahre 2013 wurde mein Text also von meiner Agentur auf allerbeste Weise herausgeputzt und anhand der Aufbereitung des Exposes und der Durchführung des Lektorats sah ich: Da hat jemand mich und meinen Text verstanden.
Aber schon wieder kommt die Geduld ins Spiel – irgendwie war es schon fast September, als der Text mal wieder das Haus verließ und seine Runde bei den Verlagen machte.

Und Verlage haben ja Zeit. Viel Zeit. Zumindest kommt einem das als Autor so vor, wenn man wartet – jeder Lektor würde wahrscheinlich heftigst dementieren. Im November ließen sich die ersten – schnellen – Absagen blicken und auch die ersten Gründe. Die waren nun wieder größtenteils neu, lieferten uns aber einen Hinweis, um entsprechend ein neues Konzept aufzustellen. Daran habe ich monatelang gefeilt, schließlich grünes Licht bekommen, die Umarbeitung begonnen und gleich auch noch eine völlig neue Story hinterhergeschoben. Aber irgendwie wurde es trotzdem Ende Juni, bis klar war: Die Umsetzung war nix.

In der Zwischenzeit kamen auch noch weitere Absagen, die klar machten: Es fehlt an Mut. Als Studentin war meine Heldin den Lektoren einfach zu jung. Keine Zeit, sie heranwachsen zu lassen, obwohl sie schon im zweiten Teil professionell arbeitet. Sie darf nicht werden – sie muß schon sein. Ihr Privatleben war ihnen zu langweilig – klar, der spektakuläre Beruf der Profilerin allein ist ja nicht interessant genug …?
Auch da muß ich sagen: Ich verballere nicht mein gesamtes Konfliktpotenzial in Teil 1. Der Ehekrach kommt ja noch – in Teil 4. Die Sinnkrise auch. Die ungeplante Schwangerschaft. Kommt ja alles noch!
Man fand es auch nicht glaubwürdig, daß meine Psychologiestudentin gut über Psychologie Bescheid weiß. Na ja, ich war selbst noch Psychologiestudentin, als ich den Text geschrieben habe und war fachlich nie fitter als damals.

Das Fazit, das ich gezogen habe: Man wünscht sich einen Text wie viele andere. Eine erwachsene Ermittlerin mit privaten Wehwehchen wie viele andere. Etwas Austauschbares, wenn auch besser kalkulierbar.
Reaktion meiner Leser: Völliges Unverständnis. Meine Reaktion: Durchwachsenes Verständnis, aber nur eine bedingte Motivation, meinem Text die Einzigartigkeit zu nehmen. Warum sagen mir alle Leser, das sei „endlich mal was Anderes“, wenn genau das hinterher das Problem ist?
Fragen die Verlage ihre Leser nicht?

Da ich auch in meinem Brotberuf mit Verlagen zu tun habe, habe ich inzwischen ein gutes Gefühl dafür bekommen, wie die ticken. Und als Online-Redakteurin in einem Startup mußte ich schon staunen, wie innovationsscheu die Verlage sind – in technischer und vertrieblicher Hinsicht, aber – und das sagt die Autorin in mir – anscheinend auch inhaltlich gesehen.
Das ist schade, denn die Verlage haben eine diffuse Angst, durch die sie sich viele Chancen entgehen lassen. Wieviele abgelehnte Autoren gibt es mittlerweile, die höchst erfolgreiche Selfpublisher sind? Und dann klopfen die Verlage ja doch wieder an.
Ich habe gerade noch von einer Autorin gehört, die vergeblich Agentur und Verlag gesucht hat, dann selbst veröffentlicht hat, kurz vorher doch eine Verlagsanfrage auf dem Tisch hatte und nun auch von einer Agentur angesprochen wurde, kaum daß ihr selbst veröffentlichtes Buch gut läuft.
Das kann es ja nicht sein. Wie sollen wir Autoren uns denn da vorkommen?

Ich nehme mein Glück nun jedenfalls auch wieder selbst in die Hand, da von meiner Agentur keine Vorschläge mehr kamen, was jetzt mit meinem Text passieren soll. Oh, ich habe da noch diverse Ideen. Am Ende steht etwas, das ich 2005 schon ausprobiert habe und nun auch für mein vierteiliges Fantasy-Epos wieder plane: Selfpublishing.
Da ich aber den Glauben an meinen Text und an seine Verlagstauglichkeit trotz allem nie aufgegeben habe – mühsamer Lernprozess! – hoffe ich, mein bisheriger Eindruck der Innovationsfreudigkeit im Sektor der ebook-Verlage bewahrheitet sich.

Ich hab ja nichts gegen Verlage. Ich würde ja gern immer noch über einen Verlag veröffentlichen. Ich staune nur darüber, wie oft man zu hören bekommt, wie toll der eigene Text ist, wäre da nicht dieses Detail und jene Kleinigkeit … Es läuft irgendwie immer auf ein „Ja, aber“ hinaus.
Man braucht schon einen verdammten Dickschädel und ein noch dickeres Fell, um sich das dauerhaft anzutun. Aber ich bin immer noch von meinem Text überzeugt und er wird das Licht der Welt erblicken. Die Frage ist nur, wie.

One thought on “Dringend gesucht: Mut!

  1. Und ich drücke dir alle Daumen und Zehen und alles was ich habe. Ich verfolge deine Geschichte ja schon seit langer Zeit und gehöre zu den Lesern, die nur den Kopf schütteln können. Sollte hier ein Verlag mitlesen: Ja, gerade das war es, was diese Thriller-reihe so außergewöhnlich gemacht hat. Dass es nicht schon eine abgebrühte Ermittlerin ist, die den 1000-sten Fall genauso lieblos bearbeitet, wie manche Agenten ihre Texte- ES war eine Ermittlerin, die noch lernte die noch einen frischen Blick hatte, ein anderes Herangehen an die grausamen Tatsachen mit denen sie konfrontiert wurde. Dazu eine private romantische Geschichte. Nein, ich brauche nicht den zigsten Ermittler mit Eheproblemen und dem Griff zum Alkohol. Eine Studentin mit der Unterstützung ihres Freundes, später Ehemanns ist richtig erfrischen schön in dieser trostlosen, langweiligen immer gleichen Welt und ihrem Spiegel: Den langweiligen immer trostloser werdenden Thrillern dieser Welt!

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