Recherche nachts um eins

Im Dezember habe ich an „Am Abgrund seiner Seele“ (1. Fassung) gearbeitet. Sonntags abends nach einer neuen wunderbaren Folge von „Criminal Minds“ packte es mich plötzlich und ich surfte auf der Suche nach Informationen durchs Netz.

Zuerst blieb ich bei der Einordnung in verschiedene Serienmörder-Kategorien hängen. Die populäre Einteilung in organisierte und unorganisierte Täter, die das FBI so gern trifft, deckt ja einfach nur einen minimalen Bereich ab…
Es gibt sechs verschiedene Typen:

– Sexualmörder
– Raubmörder
– Beziehungsmörder
– Gesinnungsmörder
– Bedarfsmörder
– und tatsächlich auch der Auftragsmörder
mehr dazu hier!

Ich habe mich – nicht erst in diesem Moment – für einen Sexualmörder entschieden, den am häufigsten vorkommenden und auch mit den gruseligsten Serienmördertyp. Auf jeden Fall gibts da eine Menge zu analysieren.

Meine Suche führte mich dann weiter ausgerechnet zu Fachartikeln der Verhaltensanalytiker des FBI – ich war also an der richtigsten aller Adressen. Für meine Recherchearbeit waren die beiden folgenden Artikel von immenser Bedeutung, allerdings ist besonders der zweite mit Vorsicht zu genießen, denn für schwache Gemüter ist das nix!

The Criminal Behavior of the Sexual Rapist
The Criminal Sexual Sadist

Ich saß also hier nachts um kurz vor eins, bewaffnet mit Textmarker und Notizbuch und fragte mich, während ich die Vorlieben der Mörder herausschrieb: Was zum Teufel mache ich hier eigentlich gerade??
Man hält sich zwischenzeitlich ja schon irgendwie für übergeschnappt.

Die Ideen sprudelten jedenfalls über. Ich habe nachts noch Pläne geschmiedet, mein Notizbuch vollgeschmiert, habe an der Story fleißig herumgestrickt und die ganzen Ideen noch mit ins Bett genommen.
Das führte am nächsten Tag dazu, daß ich alles schon aufgeschrieben habe. Eigentlich war ich noch gar nicht an der entsprechenden Stelle, aber ich habe massiv vorgegriffen und beim Schreiben alles entwickelt. Ich habe den Fall rückwärts aufgerollt und an diesem Tag 10000 Wörter geschrieben – in der Textverarbeitung macht das 17 Seiten. Das war die Schlüsselszene der ganzen Story. Und man merkt, daß die aus einem Guß ist – wenn man sie von vorn bis hinten liest, verschlägt es einem den Atem. Interessanterweise klappt das nicht, wenn man mittendrin anfängt.

Und dann war ich angefixt. Ich habe noch nie eine Story so schnell geschrieben wie diese und noch nie so sehr mit Leib und Seele dringehockt.

Umgestaltung der Homepage abgeschlossen

Es war mal wieder nötig, ein paar Updates an der Seite vorzunehmen. Inhaltlich mußte sie noch ein wenig aufgeräumt und aufgepeppt werden, vor allem fehlten noch die Infos zum aktuellen Projekt. Um das einzubinden, sah ich mich genötigt, dem Ganzen erst mal einen Arbeitstitel zu geben – wurde ja auch langsam mal Zeit!
Ich habe aber auch meine Vita überarbeitet und etwas übersichtlicher gestaltet. Das einzige, was mir immer noch fehlt, ist eine schöne Idee fürs Banner.
Wenigstens hatte ich gerade die Gelegenheit dazu, weil ich für die Uni schon alles erledigt hatte. Ein schönes entspanntes Wochenende!

vor lauter Wald die Bäume…

Tja. Das war ja dann schonmal nix. Nach zweieinhalb Jahren geduldigen Wartens auf die Veröffentlichung meiner Fantasyromane habe ich meinen Verlagsvertrag gekündigt – allerdings nicht nur, weil es in dieser Zeit nur zu einer Veröffentlichung gekommen ist. Wenn das mal alles gewesen wäre.

Und jetzt? Jetzt sitze ich hier mit einem Haufen Geschichten und weiß nicht, womit ich mich auf die Suche machen soll.

Ich könnte die Kristall-Trilogie nehmen – irgendwie ist die mein ganz besonderes Baby und gefällt mir auch nach 5 Jahren noch (das ist ja schonmal gut – sie fällt nicht dem Phänomen „was hab ich denn DA gemacht“ zum Opfer).
Nicht sonderlich nützlich ist jedoch der Punkt, daß Teil 1 über 1000 Normseiten lang ist……..

Oder nehme ich das Unsterblichen-Epos? Wäre ja auch eine Idee… das ist etwas jünger, etwas anders, sehr viel magischer.
Aber das ist auch gleich ein Mehrteiler. Wie macht sich das?

Ich könnte aber auch gleich „Am Abgrund seiner Seele“ nehmen, denn die Geschichte ist etwas Besonderes. Ich habe sie schon einmal komplett umgeschmissen und dran herumgebastelt und eine ganze Menge überarbeitet, weil sich ein Thriller nicht so flüssig runterschreibt wie Fantasy. Man möchte ja auch fachlich korrekt bleiben und deshalb ist eine ganze Menge Recherche vonnöten – im Netz, in meinen Uni-Büchern und auch in dem wunderbaren Profiling-Seminar, das ich vor ein paar Monaten besucht habe.

Und was ist überhaupt mit „2017“?

Jetzt müßte man sich eben erst mal für ein Genre entscheiden! Schwierig…

Bauchweh wegen „2017“

„2017“ ist eine schöne Geschichte, keine Frage. Sie ist spannend, emotional und ist vielleicht deshalb so nah dran an einer möglichen Zukunft, weil ich mein Szenario aus aktuellen Gegenbenheiten heraus entwickelt habe. Von September bis November 2009 habe ich an der Geschichte gearbeitet und hatte eine Menge Spaß dabei. Einmal gedanklich die Welt untergehen zu lassen, hat durchaus seinen Reiz! Ich liebe auch Endzeitfilme, allen voran „28 Days later„, den ich während (nicht vor!) der Arbeit an „2017“ gesehen habe. (Der Gag daran ist: Mein Szenario stand schon und ich dachte: Wie zum Teufel ist Danny Boyle auf dieselben Ideen gekommen?! 😉 )

Der größte Kritikpunkt, an dem ich immer noch herumgrüble, ist die Tatsache, daß mehr Lovestory drinsteckt als geplant. Ist das jetzt schlimm? Mich stört es, weil es nicht so ist, wie es werden sollte. Allerdings regt sich außer mir keiner darüber auf!
Außerdem ist da der Punkt, daß ich dieselben Charaktere für den Crime-Zweig benutze, beide Zweige aber (nicht mehr) zusammenhängen. Erst habe ich „Am Abgrund seiner Seele“ als Fortsetzung von „2017“ geschrieben, aber eine Fortsetzung einer Endzeitgeschichte??
Bekloppt. Deshalb habe ich das getrennt, aber die Charaktere übernommen und jetzt sitze ich total in der Tinte. Was mache ich denn jetzt mit meinem selbsterfundenen Chaos?

Ein paar Gedanken zu meinen Fantasyarbeiten

Seit ein wenig Zeit verstrichen ist und ich bewußt von unterschiedlichen Dingen erzählt habe, ist mir erst klar geworden, was ich schreibe – und warum. Daß es viele Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten in meinen Geschichten gibt. Vor allem möchte ich festhalten: Gewisse Dinge habe ich bewußt so gewählt.

Kristall-Trilogie

Die Kristall-Trilogie erzählt vor allem eins: eine große Liebesgeschichte. Hätte man mich kurz nach Erscheinen des ersten Buches darauf angesprochen, hätte ich das vehement abgestritten und betont, daß es das gerade nicht sein sollte, denn man will ja die männliche Leserschaft nicht vergraulen. Zwar passiert das auch mit Liebesgeschichte nicht, aber die Geschichte von Agarin und Kayla ist die kompromißloseste Lovestory, die meiner Feder entsprungen ist. Den absoluten Höhepunkt findet sie im letzten Teil der Trilogie, mit dem ich gerade deshalb lange nicht im Reinen war und den ich eigentlich von Grund auf neuschreiben wollte, hätten mir nicht Zeit und Motivation gefehlt und vor allem – andere Ideen. Denn letztlich wäre es darauf doch wieder hinausgelaufen. Irgendwie will diese Geschichte einfach erzählt werden…
Die Kristall-Trilogie ist auch gleichzeitig diejenige, die sich am stärksten an genreüblichen Motiven orientiert. Der gebrochene Held, die große Quest, die klassischen Werte wie Freundschaft und Tapferkeit, sie alle finden sich dort. Sie ist stellenweise unglaublich witzig, erzählt ein spannendes Abenteuer und verzichtet dabei weitgehend auf die typischen magischen Elemente, die man in Fantasy oft findet. Auch das ändert sich erst im dritten Teil.
Was das Handwerkszeug angeht, habe ich mich nicht von den klassischen Perspektiven einschränken lassen, sondern verlasse immer wieder den allwissenden Erzähler, um in eine rein personale Perspektive zu wechseln. Warum? Weil beides unterschiedlichen Zielen dient. Soviel Freiheit muß sein.

Unsterblichen-Epos

Magie! Worauf ich in der Kristall-Trilogie keine Lust hatte, ist zentrales Element des Unsterblichen-Epos, ursprünglich als Trilogie angelegt. Spannend fand ich vor allem den Gedanken, daß der Held einmal nicht die zentrale Figur ist. In der Kristall-Trilogie ist das anders – Agarin ist der Held, Agarin steht im Mittelpunkt. Nicht so jedoch hier. Ich treibe das sogar soweit, daß sich in jedem Roman ein Wechsel der zentralen Figuren vollzieht. Steht am Anfang noch Arinaya im Mittelpunkt, ist es bald Lelaina und zuguterletzt Marthian, bis sich der Kreis wieder schließt. Mir fällt bislang kein Roman ein, der ähnlich vorgehen würde, denn üblicherweise beschränkt sich die Wahl der zentralen Figur auf den Helden. Langweilig! Ich liebe meine Charaktere und den Wechsel, den sie durchmachen, und das will ich würdigen.
Natürlich geht es im Unsterblichen-Epos auch um Liebe und Freundschaft – teilweise so kompromißlos, daß es auch für mich überraschend kam. Das Opfer, das Marthian im zweiten Teil für seine Frau bringt, hat den dritten überhaupt erst ermöglicht – der einzige aller Romane, den ich nicht als High Fantasy, sondern als Dark Fantasy klassifiziere. Aber trotzdem ist hier nicht die Liebe das zentrale Element, sondern die Magie. Einzig der vierte Teil weicht davon etwas ab.
Was das Unsterblichen-Epos in jedem Fall ist: weniger zimperlich. Man kann seinen Helden ja nicht immer nur drohen und dann geht doch alles gut!

Himmelsfeuer

Und schon wieder wollte ich von etwas weg, was zuvor kennzeichnend war. Diesmal hat es die wunderbare Naivität getroffen, die einem in Fantasyromanen immer wieder begegnet: Es gibt zwar Schwierigkeiten, aber der Held meistert sie alle bravourös. Scheitern ist nicht vorgesehen.
Himmelsfeuer soll anders sein: keine nennenswerte Magie, kein fröhlicher Abenteuergeist („wir sind zu einer besonderen Aufgabe auserkoren!“), sondern der Wunsch, historische Fantasy zu erzählen. Diesmal gibt es keine merkwürdigen Kreaturen und außergewöhnliche Orte, sondern im Zentrum steht meine Heldin Caelidh, die wenig mit ihren Zeitgenossen gemein hat und jeden Tag aufs Neue darum kämpft, ihre Freiheit in einer Welt zu erhalten, die ihr keine Freiheit zugestehen will. Sie ist eine streitbare Heldin, bei der ich mich bewußt dazu entschieden habe, sie nicht immer nur sympathisch und bewundernswert erscheinen zu lassen, sondern gern auch schwierig und eigensinnig. Sehr deutlich wird das vor allem deshalb, weil ich diesmal aus der Ich-Perspektive erzähle. Konnte ich mich bislang nie für einen weiblichen oder männlichen Helden entscheiden, weil ich einerseits Feminismus und andererseits Klischees befürchtete, fiel in Sachen Ich-Perspektive die Wahl ganz klar auf eine Frau, denn noch kann ich in keinen männlichen Kopf schauen! Aber auch hier bleibt die Perspektive nicht konstant, denn der Prolog wird aus personaler Perspektive erzählt.
Vermutlich auch bedingt durch meinen Studienwechsel ist diese Geschichte psychologischer als die anderen und ich denke, sie ist auch realitätsnaher, sofern man das von Fantasy behaupten kann. Ich wollte sie knallhart und mit Ecken und Kanten, denn wo ist die Welt schon heile…

und was haben sie gemeinsam?

Da gibt es vor allem eins: starke Frauen. In keiner meiner historisch angelegten Fantasywelten haben Frauen es leicht und eigentlich sind sie nicht diejenigen, die sich auf eine gefährliche Reise begeben, auf der auch gekämpft werden muß. Aber es wäre zu einfach und zu langweilig, sie deshalb an den Rand zu stellen und zuschauen zu lassen. Deshalb ist Kayla ein traumatisiertes Mädchen, das den Umgang mit dem Schwert lernt, um sich selbst zu schützen und deshalb fähig ist, das Abenteuer zu bestehen. Arinaya hingegen ist eine gewöhnliche junge Frau, die sich erst zeigen lassen muß, wie man sich selbst verteidigt und im Gegensatz zu Kayla erreicht sie darin auch keine Perfektion.
Nur Caelidh hat als ausgebildete Kriegerin keinen besonderen persönlichen Hintergrund, der sie an Waffen heranführt, sie lernt es in ihrer Ausbildung – und trotzdem ist sie als Frau mit einem Schwert nicht alltäglich in ihrer Welt, wobei das bei ihr noch am mildesten ausgeprägt ist. Das wollte ich auch, denn es nervt mich, daß den Heldinnen ein Sonderstatus zuerkannt wird, der sich aus den Hintergründen ihrer Welt ergibt.
Der sorgt aber auch für genügend Gesellschaftskritik in allen drei Welten. Allen Heldinnen ergeht es so, daß man ihnen bloß aufgrund ihres Geschlechts weniger zutraut und sie alle müssen auf die eine oder andere Weise erfahren, daß diese Geringschätzung nicht bei Worten bleibt. Ein Thema, das meines Erachtens nach aktueller ist, als man meistens denkt.

Allein Geschichten gemeinsam sind auch starke, wandlungsfähige Charaktere. Ich bin grundsätzlich kein besonderer Freund von Beschreibungen à la Tolkien, der auch dem letzten Grashalm in Mittelerde einen Namen gibt, und obwohl auch ich natürlich beschreibe, lege ich meinen Schwerpunkt auf die Handlung und die Psychologie der Charaktere. Sie sollen unverwechselbar und interessant sein, denn es gibt schon genug Figuren, die in eine unbekannte Situation geraten und wie selbstverständlich daran wachsen. So selbstverständlich ist das gar nicht!
Das meiner Meinung nach stärkste Figurengespann findet sich in der Kristall-Trilogie, weil sie den stärksten Verbund darstellen. Im Unsterblichen-Epos sind es mehr die einzelnen Charaktere, die wechselnd im Vordergrund stehen, und in Himmelsfeuer habe ich mich an ein Thema gewagt, das mir eigentlich fremd ist: Geschwisterliebe. Caelidh kämpft wie eine Löwin für ihre kleine Schwester und das macht sie für mich so sympathisch.

Ich schreibe grundsätzlich eher handlungslastig und verstehe mich nicht besonders auf öde Passagen, in denen die Helden von A nach B reisen oder wo sie mal so etwas wie Alltag erleben. Meine Stärke liegt in psychologisch ausgefeilten Szenen; Ereignissen, die den Charakter prägen und ändern und nicht folgenlos für ihn und andere bleiben. Dem Feind ins Auge zu schauen und seine eigene Angst zu besiegen, das erscheint mir reizvoll. Meine Charaktere müssen verschiedene Prüfungen bestehen und ich gebe unverhohlen zu, auch mir als Autor sind spannende Szenen am liebsten. Ich fiebere beim Schreiben genauso mit und finde es seltsam genug, daß gerade ich manchmal die Handlung meiner eigenen Geschichten erlebe, als würden sie ein Eigenleben entwickeln. Genauso ist es auch mit den Charakteren: Sie werden erst greifbar für mich, wenn ich mir ein Bild von ihnen gemacht und sie gezeichnet habe. Umso schwieriger ist es auch, sich von ihnen zu verabschieden, wenn alles erzählt ist. Jede einzelne Figur ist mir sehr ans Herz gewachsen – manche sogar stärker, als ich dachte.